Mächtiges Lobbyforum und einflussreicher Klimaschutz-Bremser
Ein Klimabremser-Lobbyverband "Wirtschaftsrat der CDU" sitzt mitten im innersten Machtzirkel der CDU: Mit dem Wirtschaftsrat sitzt ein Lobbyverband für Unternehmen wie Daimler, Deutschen Bank und E.on im CDU-Parteivorstand und profitiert von exklusiven Zugängen zur einflussreichsten deutschen Regierungspartei. In unserer neuen Studie beleuchten wir die problematischen Verbindungen zwischen dem Lobbyverband Wirtschaftsrat und der CDU. Am Beispiel Klima zeigen wir, wie diese unheilige Vermischung von Lobby- und Parteifunktion gemeinwohlorientierte Politik ausbremst.
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Die Studie über den Wirtschaftsrat der CDU stellen wir Ihnen als PDF-Download zur Verfügung.
Wer ist der Wirtschaftsrat, wie arbeitet er?
Die Verbindungen zwischen Wirtschaftsrat und Partei: Thomas Bareiß, Friedrich Merz und Joachim Pfeiffer als Türöffner
Auf welche Weise profitiert der Wirtschaftsrat von seiner Doppelrolle zwischen Lobbyverband und Partei?
Wie wirkt der Wirtschaftsrat als Bremser in der deutschen Klimapolitik?
Ist der Wirtschaftsrat der CDU ein Parteigremium oder ein Lobbyverband?
Der Wirtschaftsrat ist formal ein unternehmerischer Berufsverband und damit ganz klar ein Lobbyverband. In seiner Satzung gibt es keinerlei Verbindungen zur Partei CDU. In der Praxis aber agiert der Verband wie ein Parteigremium und wird auch als solches wahrgenommen. Die Präsidentin des Verband sitzt als ständiger Gast im Parteivorstand, CDU-Politiker:innen sind regelmäßig Gäste des Verbands.
Welche Verbindungen hat der Wirtschaftsrat zur Partei CDU?
Die Verbindungen zwischen dem Wirtschaftsrat und der Partei CDU sind äußerst eng. Die Präsidentin des Wirtschaftsrats sitzt qua Amt im CDU-Bundesvorstand. Auch in Gremien des Wirtschaftsrats sind amtierende und ehemalige Politiker:innen vertreten – am prominentesten ist Friedrich Merz, der 2019 zum Vize-Präsidenten des Wirtschaftsrats gewählt wurde. Der Wirtschaftsrat wird außerdem häufig vom Wirtschaftsministerium zu Gesprächen eingeladen – allein zwölf mal mit Spitzenvertreter:innen aus dem Wirtschaftsministerium.
Wie profitiert der Wirtschaftsrat von seiner Doppelrolle zwischen Lobbyverband und Partei?
Der Wirtschaftsrat profitiert von seiner Zwitterstellung gleich mehrfach. Durch seinen Namen und sein Image als Parteigremium verfügt der Verband über privilegierte Zugänge zur Partei – etwa durch seinen Sitz im Parteivorstand. Außerdem gelten seine Veranstaltungen als Pflichtprogramm unter CDU-Größen. Zugleich unterliegt der Verband – anders als Parteiorganisationen – aber keinerlei Transparenzpflichten. Außerdem profitiert der Wirtschaftsrat als Berufsverband von steuerlichen Vorteilen. Anders als bei gemeinnützigen Verbänden werden von ihm deswegen aber keine Einschränkungen bei seiner politischen Tätigkeit eingefordert.
Wie hängt der Wirtschaftsrat mit dem Wirtschaftsflügel der Union zusammen?
Der Wirtschaftsflügel der Union besteht aus der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), einer parteiinternen Vereinigung, und dem Parlamentskreis Mittelstand, einer Gruppe der Unions-Bundestagsfraktion. Zwischen allen drei Organisationen bestehen enge personelle Überschneidungen. Der Wirtschaftsrat und der Unions-Wirtschaftsflügen setzen sich dafür ein, dass Unternehmen möglichst wenig staatliche Vorgaben bekommen. Verschärfte Klimaschutzmaßnahmen werden aus dieser Sicht als Belastung für Unternehmen dargestellt.
Welche Rolle spielt Friedrich Merz im Wirtschaftsrat?
Friedrich Merz ist seit den 1990er Jahren Mitglied im Wirtschaftsrat, seit 1999 ist er Präsidiumsmitglied. 2019 wurde er zu einem von zwei Vizepräsidenten gewählt, und zwar kurz nach dem er zum ersten Mal bei der Wahl zum Parteivorsitz scheiterte. Damals war er noch Aufsichtsratsvorsitzender und Lobbyist beim Finanzkonzern BlackRock, der auch den Wirtschaftsrat während dieser Zeit sponserte. Mit Friedrich Merz hatte erstmals ein Top-Lobbyist für das Amt des Parteivorsitzenden der CDU kandidiert. Auch nach seiner Niederlage bei der Wahl zum Vorsitzenden strebt Merz mit Unterstützung des Wirtschaftsrats weiterhin ein politisches Spitzenamt an. Der Lobbyist Merz fungiert damit als Scharnier zwischen Partei und der im Wirtschaftsrat vertretenen Unternehmen.
Vertritt der Wirtschaftsrat die gesamte Bandbreite unternehmerischer Interessen?
Nein, die öffentlichen Positionen des Wirtschaftsrats spiegeln keineswegs die gesamte Bandbreite unternehmerischer Anliegen wider. Der Wirtschaftsrat versammelt gerade zu Klimafragen besonders jene Unternehmen und Akteure, die Klimaschutzmaßnahmen skeptisch gegenüberstehen - und zwar entweder weil sie selbst in der fossilen Wirtschaft verankert sind oder Klimaschutz aus ideologischen Gründen ablehnen. Die Fachkommission Energiepolitik wurde beispielsweise jahrelang vom Chef der RWE-Braunkohle-Tochter RWE Power AG geleitet. Unternehmen, die auf klimapolitische Fortschritte drängen, sind im Wirtschaftsrat wenig sichtbar.
Wie finanziert sich der Wirtschaftsrat und welchen Transparenzpflichten unterliegt er?
Der Wirtschaftsrat finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Sponsoring – seine Beitragsordnung ist öffentlich einsehbar. Weitere Auskunft über seine Finanzierung gibt der Wirtschaftsrat auch auf Nachfrage nicht. Als unternehmerischer Berufsverband unterliegt der Wirtschaftsrat keinerlei Transparenzpflichten – anders als Parteiorganisationen, die dem Parteiengesetz unterliegen. Der Wirtschaftsrat veröffentlicht zwar jährlich einen ausführlichen Jahresbericht in Form eines Tätigkeitsberichts, einen Finanzbericht enthält der Jahresbericht allerdings nicht. Dass die Finanzen eines Lobbyverband – und noch dazu eines solch parteinahen Verbands – vollständig im Dunkeln bleiben, ist hochproblematisch
Welche Positionen vertritt der Wirtschaftsrat in Klimafragen?
Der Wirtschaftsrat erweist sich immer wieder als mächtiger Bremsklotz in der deutschen Klimapolitik. Klimaschutzmaßnahmen werden als „Belastungen“ für Unternehmen dargestellt, erhöhte erhöhte Klimaziele als „politische Instinktlosigkeit“ bezeichnet, die eine „Zerstörung des Industriestandorts“ zur Folge hätten. Die markigen Worte des Wirtschaftsrat finden in der CDU Gehör, seine Positionen finden sich in CDU-Papieren wieder und dringen so in die Regierungspolitik durch.
Was haben die Verflechtungen zwischen Wirtschaftsrat und der CDU mit den aktuellen Lobbyaffären zu tun?
Käufliche Bundestagsabgeordnete, Maskenaffären, intransparente Spendendinner – bei der CDU reiht sich gerade eine Lobbyaffäre an die nächste. Auch unsere Recherchen zeigen, wie eng die Beziehungen zwischen Partei und Wirtschaftslobby sind. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren die Union immer wieder verhindert hat, dass Lobbyismus stärker reguliert wurde. Die CDU hat offenbar auf verschiedenen Ebenen ein Lobbyismus-Problem.
Welche Forderungen hat LobbyControl?
Die CDU sollte sauber zwischen Lobbyorganisation und Partei trennen. Die CDU sollte die Sonderstellung eines Wirtschaftslobbyverbands innerhalb ihrer eigenen Strukturen beenden und damit die Machtstellung des Wirtschaftsrat beschränken. Als ersten Schritt in diese Richtung sollte die CDU den Wirtschaftsrat nicht länger in den Parteivorstand einladen. Außerdem braucht es Klarheit in der Bezeichnung des Wirtschaftsrat, da die Namenswahl irreführend ist. Hier sind auch Medienvertreter:innen gefragt, den Wirtschaftsverband klar als CDU-nahen Berufs- oder Lobbyverband zu bezeichnen. Die CDU fordern wir außerdem auf, sich noch in dieser Legislaturperiode für klare Regeln für Integrität und Transparenz in der Politik einzusetzen. Dazu gehört ein umfassendes Lobbyregister, schärfere Regeln für Abgeordnete sowie bei Parteispenden und Sponsoring.
Wo finde ich mehr Informationen zum Wirtschaftsrat?
In unserer neuen Studie haben wir unsere monatelangen Recherchen zum Wirtschaftsrat zusammengetragen. Dort gibt es weitere Informationen dazu, wie der Wirtschaftsrat arbeitet, welche Netzwerke er hat und wie die Zusammenarbeit zwischen Partei und Lobbyverband funktioniert. Dort werden auch einige Politiker, die als Scharnier zwischen Partei und Wirtschaftsrat fungieren, genauer vorgestellt. Dazu zählen Thomas Bareiß, Joachim Pfeiffer und Friedrich Merz. Weiterführende Informationen auch zu einigen in der Studie genannten Akteure gibt es außerdem in unserer Lobbypedia.